Krankenversicherungen werden teurer
Während der Arbeitgeberanteil an der gesetzlichen Krankenversicherung 2011 eingefroren wurde, steigen die Kosten für die Arbeitnehmer. Nun erhöhen die meisten Kassen erneut die Zusatzbeiträge.
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen sind im vergangenen Jahr aufs Neue gewachsen. Schuld daran sind vor allem die gestiegenen Arzneimittelkosten. 44 der 55 Millionen gesetzlich Krankenversicherten müssen deshalb nun höhere Zusatzbeiträge an die Krankenkassen entrichten.
Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Kassen, Doris Pfeiffer, sagte am Freitag in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung, zu Jahresbeginn 2016 habe es einen durchschnittlichen Anstieg um 0,2 Prozentpunkte gegeben. Der Zuwachs werde sich in den Folgejahren voraussichtlich in einer ähnlichen Größenordnung bewegen und der Zusatzbeitrag im Jahr 2019 demzufolge bei 1,8 Prozent liegen. Auch Christian Zahn, Vorsitzender des Ersatzkassenverbandes, dem unter anderem die Marktführer Techniker Krankenkasse (TK) und Barmer GEK angehören, sieht bis 2020 einen Anstieg auf zwei Prozent.
Die Zusatzbeiträge wurden 2011 im Rahmen einer Gesundheitsreform der CDU/CSU/FDP- Regierung eingeführt. Ziel der damaligen Reform war es, einerseits die steigenden Kosten der Krankenkassen zu decken und anderseits die Arbeitgeber nicht stärker zu belasten. In der paritätischen Versicherung mit einem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent, in die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zuvor jeweils zu gleichen Teilen einzahlten, wurde der Arbeitgeberanteil bei 7,3 Prozent eingefroren und die Mehrkosten den Arbeitnehmern durch Zusatzbeiträge, die je nach Krankenkasse variieren, aufgebürdet. Seit 2011 sind die Gesundheitskosten immer weiter gestiegen und damit auch die Beiträge der Beschäftigten, während die Arbeitgeber ihr Ziel – Lohnnebenkosten und Gesundheitskosten zu entkoppeln – erreichten.
Inzwischen liegt der Zusatzbeitrag bei durchschnittlich 1,1 Prozent. Nicht nur die Interessenverbände der Arbeitnehmer wie der Deutsche Gewerschaftsbund (DGB) fordern deshalb eine Rückkehr zur vollen paritätischen Finanzierung, sondern auch der Verband der Ersatzkassen selbst. SPD, Grüne und Die Linke reihen sich ebenfalls in den Kreis derjenigen ein, die die Arbeitgeber wieder stärker in die Pflicht nehmen wollen.
Krank werden die Menschen jedoch vor allem durch die Vernutzung ihrer Ware Arbeitskraft zu Gunsten des Maximalprofits. Die eigentlich naheliegende Frage, wieso die Arbeitnehmer nicht nur mit ihrer Gesundheit für die kapitalistische Mehrwertproduktion bezahlen sollen, sondern sich auch noch an den Kosten für die an ihnen durch die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft angerichteten psychischen und physischen Zerstörungen beteiligen müssen, stellt jedoch keiner derjenigen, die eine Rückkehr zur paritätischen Versicherung fordern.
Erschienen in: Jungle World 11/2016, vom 17.03.2016